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Wegweiser für blinde und sehbehinderte Menschen Diesen Text vorlesen lassen

 

Vorwort

In diesem Wegweiser geben wir Ihnen einen Überblick über soziale Leistungen für blinde und sehbehinderte Menschen.

Vorab möchten wir Ihnen erklären, was Sehbehinderung oder Blindheit ist.
Blind ist eine Person, die auch mit Sehkorrektur auf dem besseren Auge, nicht mehr als 2 % sieht. Personen, die mehr als 2 % sehen, können aufgrund einer erheblichen Gesichtsfeldeinschränkung als blind eingestuft werden. Hochgradig sehbehindert sind Personen, die auch mit Sehkorrektur auf dem besseren Auge, nicht mehr als 5% sehen. Sehbehindert sind Personen die mit Sehkorrektur auf dem besseren Auge nicht mehr als 30 % sehen.

Wir informieren Betroffene, wie sie das Alltagsleben gut und selbstständig bewältigen können. Unser Wegweiser dient als Orientierungshilfe für den Anfang und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Zur Lösung von Problemen empfehlen wir eine individuelle Beratung in unserer Beratungsstelle.

Soziale Leistungen und Vergünstigungen für blinde und sehbehinderte Menschen

Blinde und sehbehinderte Menschen können soziale Leistungen und Vergünstigungen zum Nachteilsausgleich beantragen. Mit diesen Leistungen sollen die Belastungen der Behinderung gemildert werden. Voraussetzung für diesen Nachteilsausgleich ist, dass die Betroffenen einen Schwerbehindertenausweis haben.

Betroffene aus dem Bundesland Brandenburg beantragen den Schwerbehindertenausweis beim zuständigen Versorgungsamt. Das Amt fordert von den im Antrag genannten Ärzten (Augenarzt oder Hausarzt) die Befunde an. Nach dem Feststellungsverfahren erhalten die betroffenen Personen einen Schwerbehindertenausweis und einen Feststellungsbescheid über den Grad und Art der Behinderung, sowie über Ansprüche auf soziale Leistungen und Vergünstigungen. Ab dem Behinderungsgrad von 50 % stellt das Versorgungsamt einen Schwerbehindertenausweis aus. Im Ausweis sind die Merkzeichen als Großbuchstaben und der Grad der Schwerbehinderung eingetragen. Aus den Merkzeichen geht hervor, auf welche Leistungen zum Nachteilsausgleich die schwerbehinderten Personen Anspruch haben. Bei einer weiteren Verschlechterung des Sehvermögens oder einer neu hinzugekommenen Behinderung bzw. Beeinträchtigung können Betroffene beim zuständigen Versorgungsamt einen Änderungsantrag stellen. Das Versorgungsamt prüft, ob der Grad der Behinderung sich erhöht hat und weitere Merkzeichen für einen Nachteilsausgleich dem Antragsteller zustehen.

Je nach Schwere haben Sehbehinderte oder Blinde Anspruch auf folgende soziale Leistungen und Vergünstigungen:

  • Für sehbehinderte Personen mit Merkzeichen „RF“ im Schwerbehindertenausweis:
    Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht.
  • Für taubblinde Personen mit Merkzeichen „BL“ und „GL“ im Schwerbehindertenausweis:
    Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht.
  • Blinde Menschen, die Leistungen nach dem Landespflegegeldgesetz (Blindengeld), nach dem      Bundesversorgungsgesetz (Pflegezulage) oder nach dem 12. Sozialgesetzbuch (Blindenhilfe) erhalten sind von   der Rundfunkbeitragspflicht befreit.
  • Freifahrtberechtigung im öffentlichen Personennahverkehr, der Nachweis erfolgt durch eine Wertmarke im       Beiblatt zum Schwerbehindertenausweis. Blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen erhalten eine   unentgeltliche Wertmarke.
  • Berechtigung zur kostenlosen Mitnahme einer Begleitperson bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln,
  • Parkerleichterungen, wie die Berechtigung zur Benutzung von Behindertenparkplätzen,
  • Steuerermäßigungen bei der Einkommens- bzw. Lohnsteuer (gestaffelt nach dem Grad der Behinderung),
  • Blindengeld.

Für die oben genannten sozialen Leistungen und Vergünstigungen sind zuständig:

  • Beitragsservice von ARD ZDF Deutschlandradio für die Ermäßigung und Befreiung von der     Rundfunkbeitragspflicht;
  • das zuständige Versorgungsamt für die Freifahrtberechtigung;
  • Straßenverkehrs- bzw. das Ordnungsamt für Parkerleichterung;
  • Finanzamt für die Steuerermäßigung bei der Einkommens- und Lohnsteuer;
  • Sozialamt für das einkommensunabhängige Blindengeld nach dem Landespflegegeldgesetz und für die      ergänzende einkommensabhängige Blindenhilfe nach dem 12. Sozialgesetzbuch. 

In folgenden Fällen ist das Sozialamt für die Anträge auf Blindengeld nicht zuständig:

  • Wenn eine Person aufgrund einer Kriegs- oder Wehrdienstbeschädigung, durch eine staatliche Impfmaßnahme oder wegen eines Verbrechens erblindet, ist das Versorgungsamt nach dem Bundesversorgungsgesetz zuständig.
  • Wenn der Betroffene wegen eines Berufsunfalls oder einer Berufskrankheit erblindet, ist nach dem 7.      Sozialgesetzbuch die Berufsgenossenschaft zuständig. Für Beamte ist dieser Fall im Beamtenversorgungsgesetz geregelt.

Auch im Berufsleben gibt es für schwerbehinderte Personen einen Nachteilsausgleich, wie der Kündigungsschutz und maximal 5 Tage Zusatzurlaub. Des Weiteren können Sehbehinderte und Blinde bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse für Hilfsmittel die Kostenübernahme beantragen. Dazu gehören vergrößernde Sehhilfen, ein Bildschirmlesegerät oder ein sprechendes Vorlesegerät, die Braillezeile, der Blindenstock oder auch ein Orientierungs- und Mobilitätstraining.

Zur Finanzierung von Hilfsmitteln für Ausbildung und Beruf sind andere Kostenträger zuständig, die Rentenversicherung, das Integrations-, Arbeits- oder Sozialamt.

Selbstständiges bewältigen des Alltagslebens mit Sehbehinderung oder Blindheit

Viele Menschen mit erheblichem Sehverlust und Neuerblindete können weder durch medizinische Behandlungen noch durch Brillen wieder so gut sehen wie vorher. Nach und nach nehmen die Betroffenen durch den stärkeren Einsatz anderer Wahrnehmungssinne, Hör-, Tast- und Geruchssinn, ihre Umgebung wieder gut wahr.

Orientierung und Mobilität

Sehbehinderte Menschen lernen den verbleibenden Sehrest so gut wie möglich zu nutzen. Sie nehmen ihre Umwelt nur noch schemenhaft wahr, lernen Umrisse als Gegenstände, Pflanzen oder Menschen zu erkennen und sich in der Umgebung zu orientieren.

In einem Orientierungs- und Mobilitätslehrgang lernen hochgradig Sehbehinderte und Blinde die täglich anfallenden Wege wieder selbstständig zu bewältigen. Hochgradig sehbehinderte Menschen lernen in diesem Lehrgang den Sehrest zur Orientierung bestmöglich zu nutzen und den Blindenstock zu verwenden. Blinde Menschen lernen es sich mit den verbleibenden Wahrnehmungssinnen zu orientieren und mit dem Blindenlangstock die täglich anfallenden Wege zu ertasten. Der Orientierungs- und Mobilitätslehrgang und der Blindenstock werden von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert. Einige sehbehinderte Menschen brauchen zum Sehen sehr helles Licht. Für diesen Personenkreis ist eine gute Beleuchtung in Räumen und an ihren Arbeitsbereichen sehr wichtig. Andere sind dagegen stark lichtempfindlich und können bei Sonnenschein gar nicht sehen. Wir empfehlen den Betroffenen eine Beratung beim Optiker.

Hilfsmittel für den Alltag

Mit Hilfe von stark vergrößernden Sehhilfen, Lupen, Lupenbrillen und Bildschirmlesegeräten, können sehbehinderte Menschen wieder lesen. Wir empfehlen eine Beratung bei einem Optiker, der auf die Sehhilfeberatung für sehbehinderte Menschen spezialisiert ist. Mit dem sprechenden Vorlesegerät, das nur gedruckte Texte erkennt, können sich blinde Menschen Schreiben vorlesen lassen.

Weitere Hilfsmittel sind sprechende Uhren, Wecker, Waagen oder auch Thermometer.
Aufklebbare taktile und farblich gut erkennbare Markierungspunkte helfen blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen elektronische Haushaltsgeräte selbstständig und sicher bedienen.

Auch für die Arbeit mit dem Computer gibt es Hilfsmittel. Mit einer Vergrößerungssoftware kann der Bildschirminhalt von sehbehinderten Menschen gelesen werden. Für Blinde wird der Bildschirminhalt mit Hilfe einer Sprachsoftware in Sprache und mit einer Braillezeile in Blindenschrift wiedergegeben. 

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